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23. Februar 2018

Regelmäßige Leser des auf Genderama berichteten alltäglichen Wahnsinns dürften dem folgenden, frei nach Arthur C. Clarke formulierten, Fundamentalsatz der Ideologiekritik zustimmen: »Feminismus, der weit genug fortgeschritten ist, ist von Satire nicht zu unterscheiden.« Ein solcher Fall von »fortgeschrittenem Feminismus« ist ein schmales Büchlein, dass ich via Forent netsmurf auf »Alles Evolution« entdeckt habe. Ähnlich wie das berüchtigte Pamphlet »SCUM« prägt es ein vierbuchstabiges Akronym: »How to Destroy A Man Now (DAMN)«. Der Inhalt der nur 58 Seiten umfassenden Schrift, deren Autorin unter dem Pseudonym »Angela Confidential« auftritt, ist schnell dargelegt: es handelt es sich um eine praktische Anleitung zur Vernichtung der Reputation eines Mannes durch das Zusammenwirken von Anschuldigungen, medialer Aufmerksamkeit und Menschen in einflußreichen Positionen, das heißt, den drei »key friends« namens »Allison Allegation«, »Mary Media« und »Arthur Authority«.

Allison, Mary und Arthur

»An allegation is a claim, usually without proof, that someone has done something illegal or wrong. (…) No evidence is required. This independence from proof allows you to make an allegation about any man doing anything without being encumbered by a need for facts.«

S. 1 f.

Beschuldigungen wirken jedoch nicht für sich allein. Sie bedürfen medialer Kanäle und medial vervielfältigter Aufmerksamkeit, um sich auszubreiten. Eine Anschuldigung ist ein willkommener »media content«, der sich als Nachricht verkaufen lässt, und zwar unabhängig davon, ob ihr ein Wahrheitsgehalt zukommt:

»However, fascinatingly, while the mainstream media profit from proliferating allegations, they bear little responsibility for doing it! Apparently, as long as the media mention that the scandal is an ›allegation‹, they are relatively safe from legal repercussions. This is because, in free-speech societies, people can voice opinions and unsubstantiated claims. Further, the media can always attest that they are not making the allegation; rather, they are just reporting it.«

S. 3 f.

Damit sich aus einer medial verbreiteten Anschuldigung unabhängig von ihrem Wahrheitsgehalt Konsequenzen für den Beschuldigten ergeben, bedarf es einflußreicher und mächtiger Personen, die bereit sind, solche Konsequenzen auszulösen, obwohl sie sich nicht in der Rolle eines ordentlichen Gerichts befinden, welches die Anschuldigung ordnungsgemäß geprüft hätte. Zum Glück für die entschlossene Falschbeschuldigerin sind zahlreiche Personen, insbesondere solche männlichen Geschlechts, bereit, diese Aufgabe zu übernehmen:

»Well, to begin, it’s important to understand that Arthur Authority is an artifact of patriarchy and chivalry. He strives to be the hero who saves the damsel in distress. In other words, authority caters to victims, and nothing gets Arthur Authority’s attention more than a call to action to save victims. To be considered a victim, or a damsel in distress, authority first needs to perceive you as weak. Surprisingly, a great illustration of this is how authorities usually relate to men in distress. Can you imagine what typically happens when a man walks into a police precinct and requests a restraining order against a woman? Officers roll their eyes, and immediate disbelief ensues. This is because they simply do not perceive a man to be weaker than a woman, and for that reason, they are unwilling to provide assistance. In contrast, in patriarchal societies, women are perceived as weak by default, and therefore deserving of help and protection in the eyes of authorities.«

S. 5 f.

Allerdings ist das Einschreiten der Polizei nur ein Bruchteil der Reaktionen, die sich auf diese Weise auslösen lassen, denn eine Vielzahl von Sanktionen (»punitive actions«) gegen Beschuldigte lassen sich auslösen, ohne dass die Prüfung des Wahrheitsgehalts der Anschuldigungen dazu erforderlich wäre, und sie resultieren in Verlusten für den Beschuldigten. Die Autorin unterscheidet dabei zwischen substantiellen und andauernden Konsequenzen:

»Punitive actions usually entail substantial loss, such as termination of employment/loss of income, loss of education or certification (e.g., dismissal from school or revocation of credentials), loss of social status or good reputation (e.g., public shame and humiliation), loss of financial savings (e.g., payment for legal settlements), and loss of freedom (e.g., imprisonment).«

S. 7

Darüber hinaus ist das Ansehen des Beschuldigten in der Regel dauerhaft beschädigt oder zerstört, sodass ihm bleibende, nicht mehr behebbare Schäden entstehen:

»In this way, a man is truly damned. With a smeared reputation or record of alleged misconduct, no one will want to be associated with him, no one will want to employ him, no one will want to help him, and no one will even believe him. Further, the subsequent long-term stress frequently results in loss of physical and mental health. When I say these methods can destroy a man, I genuinely mean it.«

S. 8

Im folgenden zählt die Autorin neben Harvey Weinstein vierzig weitere Männer auf (»just a partial list from one year (2017)«), für die eine Anschuldigung erhebliche berufliche Konsequenzen hatte, und in keinem Fall, auch nicht dem von Harvey Weinstein, interessiert sie sich für deren Wahrheitsgehalt. Alle diese Beispiele dienen ihr allein als Beleg für die Wirksamkeit der »DAMN-Methode«.

Wie frau online und am Arbeitsplatz mobbt

In den folgenden beiden Kapiteln der Schrift gibt sie Tips für die Vorgehensweise online (Kapitel 2) und am Arbeitsplatz (Kapitel 3). In ersterem Fall empfiehlt sie breites Streuen von Behauptungen über die sozialen Medien sowie über »complaint websites«, von denen sie von »badbizreport« bis »usacomplaints« 52 URLs liefert. Entscheidend ist, dass im sozialen Umfeld des Beschuldigten der Eindruck entsteht, die Beschuldigung »is all over the Internet« (S. 17), wozu auch eine hohe Positionierung bei Google (und anderen Suchmaschinen) der betreffenden Anschuldigungen gehört. In diesem Fall könne es beispielsweise passieren, dass Geschäftsbeziehungen aufgekündigt werden, nur weil ein Kunde eine Assoziation mit dem online Beschuldigten um jeden Preis vermeiden will:

»And with that, Sam suddenly loses his biggest client – a relationship that took a decade to build and was continuing to grow. Hundreds of thousands of dollars in annual revenue, gone. Literally just the day before, business was going wonderfully. (…) You’re probably thinking at this point, ›Wow, yeah, that’s powerful! And it’d be awesome to destroy a man by ruining his reputation across the internet, but I don’t have the resources to do that!‹ Yet, you do. That’s the beauty and genius of this method. With as little as an internet connection and minutes of your time, you can destroy a man worldwide, overnight

S. 17 f.

Und so wie business die eine Achillesferse der Beschuldigten ist, so ist authority die andere. Dazu trägt bei, dass manche Behörden unter Zugzwang stehen, um sich nicht den Vorwurf der Nachlässigkeit einzuhandeln. Auch hier kann vorauseilender Gehorsam gegenüber erwarteten Resultaten wirksam werden, unabhängig davon, ob diese sich schlußendlich bestätigen. Die für den Arbeitsplatz vorgeschlagenen Maßnahmen sehen etwas anders aus, da hier ein direkter Kontakt zwischen den betreffenden Personen gegeben ist. Am Arbeitsplatz ist es wichtig, sich geeignete Opfer mit einer schwachen sozialen Einbindung zu suchen und konsequent die »because I’m female«-Karte zu spielen. Im Beispiel der Autorin gibt es Kathy Clique und Eric Introvert. Kathy weiß, wie sie sich im Unternehmen beliebt machen kann und verschafft sich Sympathien unter ihren Mitarbeitern.

»Eric Introvert, however, tended to keep to himself. True to the many stereotypes about engineers, he was more comfortable working with data and things than with people. A long-time employee of the company, he had worked his way up over the years from an entry-level position to senior engineer. It didn’t take Kathy long to discover that she disliked Eric.«

S. 39

Weil er sie nämlich an bestimmten Punkten, als Ingenieur im Verhältnis zu einer Angehörigen des Vertriebs, in der Sache kritisiert. Alo wirft Kathy ihm vor, ihn zu kritisieren,

»because she was female. (…) She said that he spoke ›aggressively‹ and that she did not ›feel safe‹ during meetings with him. (…) And now that she thought more deeply about it, she recalled instances when he stared at her breasts rather than making eye contact while she was speaking.«

S. 40

Damit ruft Kathy HR (Human Resources: Personalwesen) auf den Plan, und Eric wird genötigt, sich auf die bloße Anschuldigung hin bei Kathy zu entschuldigen, was sich in der Firma herumspricht und wie ein Schuldeingeständnis wirkt. An dieser Stelle passt der Hinweis, dass die Autorin angeblich über einen Doktortitel in Psychologie verfügt und als »business psychologist« tätig ist. Sie deutet an, dass ihre Beispiele Beobachtungen aus ihrer beruflichen Praxis entlehnt sind. Ist die Reputation des Mitarbeiters einmal beschädigt, kommt in der Folge eines zum anderen:

»The man’s reputation is ruined, his opinions are discounted, he’s passed over for career opportunities – he is effectively condemned in the workplace.«

S. 52

It’s the Patriarchy, stupid!

Nach dergleichen Ratschlägen liegt die Frage auf der Hand, weshalb die Autorin sich eigentlich ermächtigt fühlt, ein solches Gefechtsfeldhandbuch für soziale Hinrichtungen zu verfassen und zu publizieren. Einleitung und Schlußteil geben hierüber hinreichend Aufschluß:

»As women, we have been oppressed by men’s physical advantages over us since the beginning of humankind. But now, in today’s modern societies, the tables are finally turning. Especially with the advent of the Internet and social media, and the economy’s transition from manufacturing to information, women are leveraging their natural advantages (e.g., social skills, emotional intelligence, and communication) to gain power.«

S. XI

Das ist bereits sehr aufschlußreich: die Autorin sieht in den Beziehungen zwischen den Geschlechtern nichts anderes als Machtbeziehungen, in denen es darauf ankommt, wer die effektiveren Waffen zum Einsatz bringen kann. Der Name dieser Art von Beziehungen lautet, wie könnte es auch anders sein, »Patriarchat«:

»The purpose of this handbook is to be a resource: a collection of tools and techniques that have proven powerful in women’s struggle against patriarchy.«

S. XI f.

In ethischer Hinsicht ist sich »Angela Confidential Psy. D.« völlig über den Status ihrer Ausführungen im Klaren:

»Be advised, however, that the methods outlined in this handbook were chosen for their utility, or their ability to achieve results, rather than for their legal or ethical merit. In other words, the information presented herein does not purport to be legally or ethically sound. What is considered to be ›right‹ or ›legal‹ often changes with time, the prevailing culture, and the evolution of law. (…) Similarly, I’m publishing this book under the pseudonym of Angela Confidential to protect from backlash.«

S. XII

Im Schlusswort ergänzt die Autorin schließlich ein historisches Argument, weshalb ihrer Meinung nach die Frauen in der gegenwärtigen Epoche gegen die Männer gewinnen – ein Argument, das sie offenbar bei Hanna Rosins »The End of Men« entlehnt hat, das sie im (zwei Titel umfassenden) Literaturverzeichnis aufzählt (der andere Titel ist Richard Whitmires »Why Boys Fail«):

»In a word, these DAMN methods work because women are winning! Moreover, we’re doing it by turning male oppressor’s own patriarchy against them. Women have gained more power than men while society still operates like we are powerless victims. In this way, women benefit from both the virtues of victimhood and the power of the oppressor. We also do it openly, hidden in plain sight by patriarchy’s selective blindness to women.

It’s patriarchal society that forever views us as damsels in distress. It’s patriarchal society that laughs at the thought of a man being a victim of a woman. It’s patriarchal society that defines violence as physical, in terms of broken bones, but never in terms of allegations and broken lives. Even when studies show that women are just as violent as men when ›violence‹ includes things such as verbal abuse, reputation ravaging, and emotional abuse, patriarchal society still cannot perceive women as aggressors. (…) We’re defeating our oppressors by turning the captain’s command of ›women and children first‹ into ›men last‹ while sinking their ship. In 2017 alone, the number of men we’ve dethroned from high-level jobs in the entertainment industry, politics, and other positions of power is testimony to how well we’re winning. Moreover, we’re destroying men’s reputation as men so they can never regain power. The word men has become synonymous with rapists, pedophiles, predators, harassers, and the like.«

S. 54 ff.

Die Indikatoren für wachsenden weiblichen Erfolg und männlichen Misserfolg in der Gesellschaft kennt sie, entnommen bei Hanna Rosin, ebenfalls sehr gut, und fühlt sich damit auf der Siegerseite der Geschichte:

»Even more uplifting, trends like these are continuing, and nothing is being done to stop them. Along with patriarchal society turning a blind eye, Mary Media ensures public condemnation for anyone who even tries to advocate for ›men’s rights‹ – even women! And why? Because destroying a man now is profitable. As we’ve discussed, mainstream media profits mightily from scandalous allegations against men. Complaint websites make untold sums of money from the ›legal extortion‹ they levy. Lawyers siphon ridiculous amounts of money from men who are trying to defend themselves against allegations. And women profit from scandalous allegations against men in the form of legal settlements, career advancement opportunities, and the like. Clearly, women’s power to destroy a man is stronger than ever, and our time is now!«

S. 56 f.

Das wahre Gesicht des Feminismus:

Satire oder fortgeschrittener Feminismus?

Ein hervorstechendes Merkmal des Büchleins ist seine Klarsichtigkeit, die unverhüllte Benennung gegebener Verhältnisse. Diese Klarsichtigkeit macht es zu einem Vexierbild: fokussiert man den Blick auf die virtuelle Adressatin, die die beschriebenen Denunziationstaktiken zu ihrem Nutzen anwenden soll, dann handelt es sich um den Leitfaden für soziale Hinrichtungen einer kalt berechnenden feministischen Hyäne. Fokussiert man den Blick hingegen auf die klar benannten Verhältnisse, die den Erfolg der beschriebenen Taktiken erst wahrscheinlich machen, dann könnte es sich dabei zumindest im Hauptabschnitt des Textes ebenso gut um eine männerrechtliche Anklageschrift handeln. Aus demselben Grund bin ich mir durchaus unschlüssig, ob das Buch bei Amazon bloß einen oder nicht vielmehr fünf Sterne verdient hat. Ist es also denkbar, dass es sich bei diesem Text bloß um ein psychologisches Experiment oder um die als Feminismus getarnte Anklage eines Männerrechtlers handelt?

Ich neige zu der Ansicht, dass es sich um einen authentischen feministischen Text handelt, der von jemandem verfasst wurde, der sich für unangreifbar hält, zumal die Autorin selbst einige objektive Gründe nennt, die für eine solche Unangreifbarkeit sprechen. Die »Erfolge« von #metoo führen offenbar dazu, dass sich die Vertreter einer feministischen »verfolgenden Unschuld« in einen enthemmten Rausch des Machtgefühls hineinsteigern – auch Jakob Augsteins »Blutwurst«-Text ist kaum anders als auf diese Weise zu erklären. Moralische Enthemmung und hysterische Verfolgungswut stehen mit einem Text wie DAMN endgültig an der Schwelle zum Pogrom.

Das Buch selbst ist ein Amazon-Druck, besorgt von »Amazon Fulfillment Poland«, während der Verlag, »Lemons to Lemonade Publishing«, erst Anfang 2018 gegründet wurde, offensichtlich ist Herstellung und Vertrieb auf Anonymität ausgerichtet. Nun könnte man, so es denn authentisch ist, sich über dieses Buch empören – aber inklusive der triumphierenden Geisteshaltung der Verfasserin ist der Text dermaßen ehrlich, dass er sich viel eher dazu eignet, in Bezug auf eine Reihe spektakulärer, faktischer Eingeständnisse ausgeweidet zu werden.

Zum einen bestätigt er bei den Themen häusliche Gewalt, institutionalisierte Misandrie, Benachteiligung von Jungen, Männer als ökonomische und Bildungsverlierer und dergleichen unumwunden, was Männerrechtler seit bald zwei Jahrzehnten behaupten. Die wesentliche Differenz liegt in der ethischen Bewertung dieser Vorgänge, und hier legt die Autorin ihre Wertmaßstäbe unmissverständlich offen: das Geschlechterverhältnis ist konstitutiv ein Machtverhältnis und ein Nullsummenspiel – wenn Frauen an Macht gewinnen sollen, müssen Männer an Macht verlieren, wenn es Frauen besser gehen soll, muss es Männern schlechter gehen. Jeder Hauch einer Berufung auf Kriterien der Gleichberechtigung ist sowohl aus der Geisteshaltung der Autorin als auch aus ihrem Text getilgt. Auf diese Weise transportiert der Feminismus der Autorin einen Anspruch auf weibliche Suprematie in der menschlichen Gesellschaft, in der Frauen als kommende Herrenklasse, wenn nicht Herrenrasse, vorgesehen sind. Das ist die letzte Konsequenz dessen, worauf Lucas Schoppe gleichsam als roter Faden seines Blogs immer wieder hingewiesen hat: die ideologische Dehumanisierung, Entmenschlichung des Mannes.

Zum anderen legt der Text implizit offen, dass der Erfolg der Frauenbewegung in der modernen Gesellschaft offensichtlich davon abhängt, Männer mit ihren eigenen Überzeugungen unter Druck setzen zu können. Für »Angela Confidential« ist der Rahmen dieser Überzeugungen das »Patriarchat«. Dieser Begriff setzt jedoch eine Inkommensurabilitätsthese voraus, der zufolge Männer und Frauen sich über den gesamten universalgeschichtlichen Zeitbogen hinweg niemals anders als auf eine kompetitive und manipulative Weise begegnen können. Wenn man diese feministische Geschichtsklitterung nun aber nicht mitmacht, dann ist der männliche Werterahmen, der von den Feministinnen ausgebeutet wird, nichts anderes als der moderne universalistische Werterahmen gleicher Menschen- und Bürgerrechte. Das legt den Gedanken nahe, dass die moderne Frauenbewegung von Anfang an aufgrund männlicher Kooperationsbereitschaft, und nicht gegen männliche Unterdrückung, erfolgreich gewesen ist, und dass sie als Ganze diese Kooperationsbereitschaft in Anspruch genommen hat. Das läßt sich meines Erachtens auch historisch aufzeigen, führt in diesem Blogpost aber zu weit.

Das bedeutet wiederum: historische Voraussetzung für das Entstehen und den Erfolg der Frauenbewegung ist konstitutiv eine kooperative Vertrauensbeziehung zwischen den Geschlechtern gewesen, nicht der an Heinrich von Treitschkes »Männer machen Geschichte« erinnernde feministische Heldenmythos vom weiblichen Widerstand gegen eine überwältigende patriarchale Repression. Denn tatsächlich tritt der feministische Mythos von Patriarchat historisch erst in genau dem Augenblick auf den Plan, als sich im Hinblick auf die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen die grundsätzliche Möglichkeit einer feministischen Suprematie abzuzeichnen beginnt, ein Suprematiedenken, das nur noch taktische Kommunikation kennt und das auf aufrichtige Kommunikation vertrauende männliche Opfer als historisch und anthropologisch überholten Halbmensch insgeheim längst zum Abschuss freigegeben hat.

Das heißt dann aber auch: die Neue Frauenbewegung mitsamt der folgenden dritten und vierten Welle ist in ihrem Wesenskern parasitär: sie zerstört systematisch die soziale Ressource zwischenmenschlicher oder genauer: zwischengeschlechtlicher Vertrauensbeziehungen, konsumiert sie mithin, ohne sie wiederherzustellen. Denn genau das ist die Quintessenz von »How to Destroy A Man Now«: der Aufruf zum ausschließlich taktisch operierenden, denunzierenden Geschlechterkampf hat zur Bedingung seiner Möglichkeit, dass Männer in der vertrauensvollen Haltung zu Frauen verbleiben. Ein authentisches Stück Verblendung aufseiten der Autorin ist es daher, diese männliche Bereitschaft zur Privilegierung von Frauen zu »patriarchaler Unterdrückung« umzudeuten. Das ist eine Konsequenz der Perspektive, soziale Beziehungen ausschließlich als Machtbeziehungen zu verstehen. Machtgebrauch ersetzt Vertrauen, macht es überflüssig, es sei denn in dem Sinne, dass auf einer übergeordneten Ebene ein Vertrauen in die Rechtmäßigkeit und Angemessenheit dieses Machtgebrauchs etabliert wurde. Feministischer Machtgebrauch zerstört solches Vertrauen, er ist ein Raubbau an Vertrauensbeziehungen, er hinterlässt verbrannte Erde.

Starke Vertrauensbeziehungen ermöglichen eine in hohem Grade horizontal integrierte Gesellschaft, in der die Individuen auf direktem Wege miteinander Beziehungen eingehen und wieder auflösen, wobei diese horizontale Kommunikation durch funktionierende Institutionen wie eine stabile Währung, ein zuverlässiges Rechtswesen und eine Sphäre des freien öffentlichen Räsonnements für den Konfliktfall erheblich unterstützt werden kann. Gesellschaften mit dominant vertikaler Integration haben entweder, wie viele vormoderne Staaten, keine über Dorf- und Sippengemeinschaften hinausgehende horizontale Integration entwickelt, oder sie haben sie, wie moderne totalitäre Staaten, systematisch zerstört.

Wenn die horizontale Integration schwächer wird, gewinnen diejenigen Institutionen an Bedeutung, die für vertikale Integration ausgelegt sind, also nicht nur Instanzen staatlicher Kontrolle, sondern auch solche staatlichen und intermediären Organisationen, die der Idee nach für Beratung und Unterstützung gedacht sind. Da diese unter normalen Verhältnissen nur solange existieren wie die Nachfrage nach ihnen, entwickeln sie leicht ein Interesse daran, die Definition dieser Nachfrage unter ihre Kontrolle zu bringen. Insofern können Frauenlobbys aus einer Schwächung und Zerstörung der Vertrauensbeziehungen zwischen den Geschlechtern Zuständigkeits- und Machtgewinne erzielen. Zudem besteht eine Interessenüberschneidung mit einer Klientel hauptsächlich aus dem Milieu bürgerlicher Frauen, die die einseitige, parasitäre Ausbeutung von Vertrauensbeziehungen zur eigenen Vorteilsmaximierung nutzt.

Es bleibt als Resümee, das kein Polizeiverhör der Autorin mehr verräterische Eingeständnisse der eigenen Doppelmoral hätte abnötigen können als dieser freiwillig verfasste Text preisgibt. This one has cooked herself for dinner.