Anchorman

Sozialwissenschaftliche Vernunft

Warum ich die Basisdemokratische Partei wieder verlassen habe

Zum Ende des Monats Februar 2024 habe ich nach drei Jahren Zugehörigkeit meine Mitgliedschaft in der Basisdemokratischen Partei Deutschland gekündigt. Der Grund hierfür ist, dass ich in der »Basis« weder den Willen noch die Fähigkeit sehe, auf die politischen Verhältnisse in dieser Republik Einfluss zu nehmen. Den Willen sehe ich nicht, weil zu viele Mitglieder der Meinung sind, eine politische Betätigung nach dem Parteiengesetz sei gar nicht wünschenswert. Die Fähigkeit sehe ich nicht, weil die Satzungen der Partei auf allen Ebenen für die praktische Arbeit so unzureichend gestaltet sind, dass die Partei sich kontinuierlich nur mit sich selbst beschäftigt und das Gelegenheitsfenster zu einem Wahlerfolg mit der Gründung konkurrierender neuer Parteien (BSW und Werteunion) sowie der weiter zunehmenden Absorption vorhandener Proteststimmen durch die AfD sich mittlerweile geschlossen hat. Und schließlich musste ich aus der Perspektive des Kreisverbands Karlsruhe-Stadt in Bezug auf den Landesverband Baden-Württemberg die Erfahrung machen, dass die hohen moralischen Werte, denen die Partei zu folgen beansprucht, in der Realität nicht näherungsweise gelebt und umgesetzt werden, sondern dass in der »Basis« dieselbe Sorte von intriganten Klüngeln übereinander herfällt wie in jeder anderen der moralisch korrupten »Altparteien«. Nachfolgend ein kurzer Rückblick auf ein gescheitertes, aber für mich lehrreiches Experiment.

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Buchprojekt: Über den Bankrott der westlichen Werte – ein »Anti-Fukuyama«

In den letzten drei Jahren ist so viel passiert, dass meine ursprüngliche, langfristige Planung für meine Schreibprojekte nicht mehr funktioniert. Ganz konkret habe ich das Projekt eines weiteren Buches über den modernen Feminismus, an dem ich unter dem Arbeitstitel »Mythus des 21. Jahrhunderts« gearbeitet habe, bis auf weiteres auf Eis gelegt. Stattdessen arbeite ich nun an einem Buch, in dem ich versuche, das, was sich in den letzten drei Jahren an krisenhafter Entwicklung ereignet hat, im Lichte dessen zu interpretieren, was sich in den dreißig Jahren davor ereignet hat, das heißt: seit dem Fall des Eisernen Vorhangs. Vorbehaltlich eines endgültigen Buchtitels wähle ich den Namen Über den Bankrott der westlichen Werte gleichsam als »unclassified nickname« für das Projekt.

Das Buch ist als ein »Anti-Fukuyama« gedacht: als ein Angriff auf die 1989 aufgekommene These, mit dem Fall des Eisernen Vorhangs sei die Weltgeschichte im Zeichen einer weltweiten westlichen Vorherrschaft an ihr geschichtsphilosophisches Ende gekommen. Ich füge als Erläuterung an, was ich mir derzeit als Klappentext für das Buch vorstelle:

Vierzig Jahre neoliberale Welt- und Gesellschaftsordnung unter globalem amerikanischem Führungsanspruch haben den Kern der »westlichen Werte«, die Idee der liberalen, rechtsstaatlichen und demokratischen Gesellschaft, durch Selbstgerechtigkeit und Doppelmoral bis ins Innerste ausgehöhlt, sie auf eine potjomkinsche Fassade von Ideologie und Propaganda reduziert und die Berufung auf diese Werte in einen kollektiven Selbstbetrug verwandelt, auf den weniger das Marxsche Bild vom Opium passt als vielmehr die Analogie eines Realitätsverlust erzeugenden Halluzinogens und eines kollektiven psychotischen Schubs.

Zum Inbegriff dieser historischen westlichen Selbsttäuschung ist die von Francis Fukuyama erstmals 1989 und dann ausführlich 1992 formulierte These geworden, mit der globalen Durchsetzung des westlichen liberalen Gesellschaftsmodells sei das »Ende der Geschichte« im Sinne der Hegelschen Geschichtsphilosophie erreicht worden. Der Westen redete sich damals ein, er habe nicht nur den Kalten Krieg gewonnen, sondern sei damit zugleich als Sieger des gesamten menschheitsgeschichtlichen Entwicklungsrennens von der Steinzeit bis ins Atomzeitalter hervorgetreten. Alle anderen Völker und Nationen unseres Planeten wurden damit zu Nachzüglern erklärt, deren einzige verbleibende Aufgabe nur noch darin bestehe, zu uns, dem institutionellen und moralischen Maßstab der Weltgeschichte, aufzuschließen.

Aber Fukuyama hat seinen Hegel oberflächlich gelesen. Dieses Buch nimmt Hegels Philosophie zum Ausgangspunkt, um zu zeigen, wie sich der maßlose Anspruch des Westens von 1989, der sich in der zur Leitidee gewordenen These Fukuyamas verkörpert, seither durch eigenes Verschulden dialektisch in sein Gegenteil verkehrt und die heutige Krise des Westens und seiner Werte hervorgebracht hat.

Die Arbeit an diesem Buchprojekt ist dann auch der Hauptgrund dafür, dass ich im Augenblick keine Blogposts mehr verfasse: mir fehlt dazu die Zeit. Daher werden sie bis auf Weiteres die Ausnahme bleiben.

Für westliche Werte und historische Erinnerung

Redebeitrag am Freitag, 19.05.2023 auf dem Karlsruher Marktplatz am Offenen Mikrofon der Veranstaltung »Für Frieden und Demokratie«

Der Redetext ist mit den wichtigsten Belegquellen und informativen Hinweisen verlinkt. In Einzelfällen verlinkte Wikipedia-Artikel stimmen nicht notwendigerweise mit den Auffassungen des Redners überein. Die Tonqualität der Aufzeichnung ist leider nicht unerheblich beeinträchtigt.

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Amlinger und Nachtwey bei »Sternstunde Philosophie«

Elmar Diederichs hat mich in einem Kommentar zu meinem vorangehenden Rezensionsessay auf eine Sendung von SRF Kultur vom 26.02.2023 hingewiesen, in der sich Wolfram Eilenberger in einer »Sternstunde Philosophie« mit Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey über »Gekränkte Freiheit« unterhält. Mein Kommentar zu dieser Sendung wuchs beim Zuhören so schnell in die Länge, dass ich einen eigenen Blogpost daraus gemacht habe.

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Verstörtes Posthistoire

Ein Rezensionsessay zu »Gekränkte Freiheit« von Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey

Die Soziologen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey, beide an der Universität Basel, haben ein Buch vorgelegt, das ein beeindruckend breites Panorama kritischer Gesellschaftstheorien unserer »spätmodernen« Gegenwart mit einer erschreckend engstirnigen Anwendung auf die sogenannte »Querdenker«-Bewegung verbindet. Die Argumentation ist diesbezüglich durchgängig in hohem Grade tendenziös, und das analytische Potential der vorgestellten Theorien wird ausschließlich im Sinne einer Feindbilddefinition enggeführt. Insbesondere übersehen die Verfasser geflissentlich, dass sich ihr eigener Ansatz mit Leichtigkeit auch auf ihre eigene so beiläufig wie penetrant zugleich vorgetragene feministische Positionierung anwenden lässt. Dieser Widerspruch erweist sich jedoch als Schlüssel zum Verständnis ihrer Argumentation, insofern sie vor dem uneingestandenen Hintergrund eines »posthistorischen Bewusstseins« der Verfasser transparent wird, demzufolge die liberalen Gesellschaften des »Westens« keine grundsätzlichen Widersprüche mehr in sich bergen, die zu einem dialektischen Umschlag in eine neue Ordnung drängen würden. Das eklatante Auseinanderklaffen des Anspruchs und Potentials einer kritischen Gesellschaftstheorie einerseits und der Realität eines konformistischen hit piece andererseits lässt sich als Symptom einer Verstörung dieser posthistorischen Gewissheit verstehen.

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Nicht neu, aber frisch gewaschen: »Geschlechterallerlei«

Von Herbst 2014 bis zum Frühjahr 2020 habe ich unter meinem Online-Foren-Nick »djadmoros« auf dem Gemeinschaftsblog »Geschlechterallerlei« teils regelmäßig, teils unregelmäßig kürzere und längere Artikel zur Kritik an der feministischen Ideologie und anderen Aspekten des Geschlechter-Themas veröffentlicht. Die meisten dieser Artikel habe ich nunmehr in einer eigenen Rubrik auf diesem Blog versammelt. Weggelassen habe ich kurze, inhaltlich triviale Blogposts und solche, in denen ich mich bloß entschuldige, keine Zeit zum Bloggen zu finden. Alle Artikel verlinken auch auf die weiter bestehenden Originale – insbesondere darum, weil auf diese Weise die Kommentar-Threads zugänglich bleiben, die ich nicht mit umziehen wollte, weil sie von den Forenten nicht für diesen Blog geschrieben wurden. Selbstverständlich kann aber auch unter den wiederveröffentlichten Artikeln kommentiert werden.

Noch eine Anmerkung: der eigentlich für den vergangenen Freitag geplante Termin des Karlsruher Offenen Mikrofons, bei dem ich zuletzt im Vier-Wochen-Takt Reden gehalten habe, musste aufgrund von Kälte, Krankheit und konkurrierenden Demonstrationen anderswo abgesagt werden. Hier geht es im Januar weiter.

»Unzulässige Äußerungen« – wofür »Telepolis« Schreibsperre erteilt

Telepolis hat einen Foren-Kommentar von mir gesperrt. Das allein ist nicht weiter bemerkenswert, und auch schon mal zu Recht erfolgt in den wenigen Fällen, in denen ich einem Forenten gezielt eine ausgewählte Beleidigung ausgesprochen habe. Im nachfolgend dokumentierten Fall geht es allerdings nicht um eine Beleidigung, sondern um eine Sachbehauptung, und damit – angesichts der Begründung der Sperre – um Inhalte und um die Grenzen des Sagbaren – wenig überraschend beim Reizthema »Ukraine-Krieg«.

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